Die Forschung zeigt zunehmend, dass das Darmmikrobiom das sozial-affektive Verhalten beeinflusst, insbesondere bei Tieren. Studien mit Menschen sind jedoch schwieriger durchzuführen. Ein Team von Forschern aus der Wirtschaftsschule INSEAD in Fontainebleau, Frankreich, dem Brain Institute und der Universität Bonn in Deutschland, hat untersucht, wie die Zusammensetzung des Mikrobioms soziale Fähigkeiten beeinflusst. Sie rekrutierten 101 gesunde Männer für die Studie.
Die Teilnehmer erhielten entweder eine Mischung aus Präbiotika und Probiotika oder ein Placebo über 7 Wochen. Es wurden vor und nach dem Experiment die Zusammensetzung ihres Mikrobioms analysiert. Diejenigen, die die Nahrungsergänzungsmittel erhielten, waren am Ende der 7 Wochen eher bereit, ungleiche Angebote abzulehnen, selbst wenn das Ungleichgewicht gering war. Dies deutet darauf hin, dass die Modifikation des Darmmikrobioms die Teilnehmer weniger rational und menschlicher machte.
Es stellte sich heraus, dass Teilnehmer mit dem größten Ungleichgewicht zwischen den beiden Mikrobiom-Dominanzen im Darm nach der Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel die größte Empfindlichkeit für Ungerechtigkeit zeigten. Blutuntersuchungen zeigten auch einen Rückgang des Tyrosins, einem Dopamin-Vorläufer, nach 7 Wochen Supplementation. Die Forschung legt nahe, dass die Darmmikrobiota das Verhalten durch Dopamin-Vorstufen beeinflussen könnte.
Diese Studie, die erstmals den Einfluss des Mikrobioms auf die Entscheidungsfindung beim Menschen gemessen hat, muss durch weitere Forschung ergänzt werden. Es gibt Potenzial, die psychologischen Mechanismen hinter den beobachteten Verhaltensänderungen zu verstehen. Die Bedeutung der Rolle des Mikrobioms wird zunehmend in Bezug auf psychiatrische Störungen untersucht, mit möglichen Auswirkungen auf Erkrankungen wie Depressionen, Ängste, bipolare Störungen und Schizophrenie.