Die Untersuchung von HD-VSFG-Spektren zeigt, dass das EDL-Modell für Luft-/Elektrolyt-Grenzflächen einige Schwächen aufweist. Anhand der HD-VSFG-Spektren für Wasser und verschiedene Elektrolytlösungen wird deutlich, dass das Verhalten von Ionen an der Grenzfläche sehr komplex ist. Die Spektren von reinem Wasser zeigen scharfe positive Peaks bei ungefähr 3.700 cm-1 und negative Signale im Bereich von 3.200-3.500 cm-1, die auf freie O-H-Gruppen bzw. Wasserstoffbrückenbindungen in der obersten Grenzschicht zurückzuführen sind. Die Auswirkungen von HCl, NaCl, NaOH und CsF Lösungen zeigen unterschiedliche Modifikationen der Wasserstruktur an der Grenzfläche.
Im Gegensatz zu HCl beeinflussen NaCl, NaOH und CsF Lösungen die Wasserstruktur vor allem durch Veränderungen in den Wasserstoffbrückenbindungen, während die freien O-H-Banden weitgehend unbeeinflusst bleiben. Die Konzentrationsabhängigkeit der Amplituden zeigt, dass deren Verhalten nicht einheitlich ist. Die Modellierung der HD-VSFG-Spektren durch theoretische Berechnungen für NaOH-Lösungen legt nahe, dass sich die Wasserorientierung durch Wechselwirkungen mit Na+-Ionen und OH–Anionen verändert.
Die zusätzliche Untersuchung verschiedener Elektrolytlösungen wie HCl, NaCl, NaBr und NaI zeigt, dass die Veränderungen in den Spektren auf Wechselwirkungen zwischen Wasser und den Ionen zurückzuführen sind und nicht alleine durch das EDL-Modell erklärt werden können. Die Einführung einer stratifizierten Modellvorstellung verdeutlicht die komplexen Wechselwirkungen zwischen Wasser und Ionen an der Grenzfläche. Die Abhängigkeit der Spektren von der Stärke der Wasser-Anion-Wechselwirkung zeigt, dass verschiedene Ionen unterschiedliche Effekte auf die Wasserstruktur haben.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung tragen wesentlich zum Verständnis der molekularen Ebene von Flüssigkeitsoberflächen bei und kritisieren das traditionelle EDL-Modell für die Beschreibung von Ionenverhalten an Grenzflächen. Die stratifizierte Modellierung bietet neue Einblicke in die Komplexität der Wasser-Ionen-Wechselwirkungen und eröffnet Möglichkeiten, die chemische Reaktivität an Grenzflächen besser zu verstehen.