Deutschland hat die Umsetzung eines neuen innovativen Programms zur Unterstützung der Dekarbonisierung seiner energieintensiven Industrien gestartet. Die Verwendung sogenannter Kohlenstoffverträge soll es erstmals ermöglichen, nicht nur Investitionen in neue Anlagen zu subventionieren, sondern auch die laufenden Betriebskosten zu decken, indem der Staat die Differenz zwischen den Kosten für konventionelle und kohlenstoffarme Energieproduktion bis zur Rentabilität der letzteren abdeckt. Diese Entscheidung soll einen Durchbruch in der Dekarbonisierung der Industrie in Deutschland ermöglichen und deutschen Unternehmen Wettbewerbsvorteile, Know-how und neue zukunftsfähige Technologien bringen.
Dieses neue Instrument birgt jedoch bestimmte Risiken, insbesondere in Bezug auf die hohen Kosten, die der Staat tragen muss. Es ist noch unklar, wie sich der Markt in den nächsten Jahren entwickeln wird oder wann die kohlenstoffarme Produktion rentabler wird als die konventionelle, die auf fossilen Brennstoffen basiert.
Am 12. März kündigte das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen Aufruf zur Mitfinanzierung von Dekarbonisierungsprojekten im Industriesektor unter Einsatz des Instruments der Kohlenstoffverträge an. Während einer Reihe von speziellen Auktionen werden Unternehmen um Subventionen konkurrieren, indem sie den Betrag angeben, den sie pro nicht emittierter Tonne CO2 benötigen, um die Produktion auf Basis konventioneller Technologien durch eine kohlenstoffarme Technologie zu ersetzen.
Jeder Kohlenstoffvertrag ist 15 Jahre gültig und umfasst sowohl die Mitfinanzierung von Investitionen in neue Produktionsanlagen als auch die laufenden Betriebskosten bis zu einem bestimmten Referenzwert. Die Emissionsminderungsziele müssen nach drei Jahren mindestens 60% und nach 15 Jahren mindestens 90% betragen. Das Programm richtet sich an energieintensive Industrien wie die chemische, Stahl-, Zement- und Kalk-, metallurgische, Papier- und Glasproduktion. Unternehmen mit konventionellen Anlagen, die mindestens 10.000 Tonnen CO2 emittieren, können an der Auktion teilnehmen. Kleinere Unternehmen dürfen Konsortien bilden.
Im Rahmen der ersten der vier geplanten Auktionen werden Subventionen in Höhe von 4 Mrd. Euro über einen Zeitraum von 15 Jahren vergeben, wobei die Obergrenze der Mitfinanzierung für einen Begünstigten 1 Mrd. Euro beträgt. Die Fördermittel werden an Unternehmen vergeben, die die niedrigsten Kosten für die Dekarbonisierung ihrer Produktion vorlegen. Der Wettbewerb wird im September entschieden und die Verträge werden unterzeichnet. Die Bundesregierung plant insgesamt mehrere zig Milliarden Euro für dieses Programm bereitzustellen.
Die Dekarbonisierung energieintensiver Sektoren ist wichtig für die Umsetzung der deutschen Klimapolitik. Der Industriesektor war 2023 für 23 % der Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich und der zweitgrößte Sektor (nach dem Energiesektor) in Bezug auf die Höhe der Treibhausgasemissionen. Die größten Mengen an Treibhausgasen werden von den Stahl-, petrochemischen, Zement- und chemischen Sektoren emittiert. Die Dekarbonisierung der Industrie wird durch technologische Modifikationen und Maßnahmen zur Reduzierung der energieintensiven Produktion auf nationaler Ebene vorangetrieben.
Das Instrument der Kohlenstoffverträge kann einen Durchbruch in der Dekarbonisierung energieintensiver Branchen bringen und dazu beitragen, die Emissionen erheblich zu reduzieren. Es ist wichtig zu beachten, dass Deutschland auch andere Instrumente zur Unterstützung der Dekarbonisierung seines Industriesektors umsetzt. Kritiker des Instruments der Kohlenstoffverträge haben Bedenken hinsichtlich der hohen Kosten des Programms und der Unsicherheiten hinsichtlich der erwarteten Renditen. Es wird geschätzt, dass kohlenstoffarme Technologien Anfang der 2030er Jahre rentabler werden und die Unternehmen ihre finanziellen Überschüsse an den Staat zurückzahlen sollen.
Trotz dieser Zweifel haben zahlreiche Experten Empfehlungen zur Reduzierung des Programms der Kohlenstoffverträge vorgelegt und die Konzentration auf die Umsetzung von Pilotprojekten und grünen Leitmärkten gefordert. Es wird erwartet, dass Deutschland sein nationales Modell in Zukunft auf die EU-Ebene übertragen wird. Die Verwendung von EU-Mitteln für solche Programme ist wahrscheinlich. Berlin erwägt eine Reform des ETS-Systems, um stabile Investitionsbedingungen für Unternehmen, die auf kohlenstoffarme Stromerzeugung umsteigen, zu gewährleisten.