Zum ersten Mal hat die Universität Bielefeld innerhalb desselben Förderzyklus vier Consolidator Grants vom European Research Council (ERC) erhalten. Die Grants wurden den Gesundheitswissenschaftler*innen Professor Dr. Anna Oksuzyan und Professor Dr. Kayvan Bozorgmehr, dem Physiker Professor Dr. Gergely Endrödi und der Sozialanthropologin Dr. Megha Amrith verliehen. Die Grants belaufen sich insgesamt auf mehr als 8 Millionen Euro, wovon 7,3 Millionen Euro an die Universität Bielefeld gehen werden. Die vier Forschungsprojekte werden 2024 starten. Der ERC Consolidator Grant wird hoch angesehen; in dieser Runde wurden nur 14,5 Prozent der Anträge genehmigt. In Deutschland liegt die Universität Bielefeld nach der Ludwig-Maximilians-Universität München an zweiter Stelle in Bezug auf die Anzahl der genehmigten Consolidator Grants in dieser Runde.
Die ERC fördert Professor Dr. Anna Oksuzyan mit dem COMFAM-Projekt (Fördersumme: ca. 2,2 Millionen Euro). Oksuzyan leitet das Department of Demography and Health an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften. Das COMFAM-Projekt wird die Auswirkungen des passiven Pendelns untersuchen, d.h. des regelmäßigen Pendelns zwischen Zuhause und der Arbeit mit einem motorisierten Privatfahrzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Eine zentrale Frage ist, welche Auswirkungen das passive Pendeln auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Pendler und ihrer Familienmitglieder hat. Das Projekt nutzt Daten aus Dänemark und Finnland sowie Umfragedaten aus Deutschland, Großbritannien und den USA. Anna Oksuzyan erklärt: „Wir werden die Pandemie als natürlichen Versuch nutzen, um die Auswirkungen von Veränderungen im Pendeln während und nach der Pandemie zu untersuchen.“
Professor Dr. Kayvan Bozorgmehr erhielt einen Consolidator Grant für sein Forschungsprojekt „INTERSECT“ (Fördersumme: ca. 2 Millionen Euro). Bozorgmehr leitet das Department of Population Medicine and Health Services Research an der School of Public Health in Bielefeld. In INTERSECT untersucht Bozorgmehr mit seinem Team den Einfluss des Lebensumfelds von Menschen auf ihre Gesundheit und Sterblichkeit. Eine Herausforderung besteht darin, dass Menschen normalerweise ihren Wohnort wählen und somit Einfluss darauf haben, wo sie leben. Dieses Projekt konzentriert sich daher auf umgesiedelte Flüchtlinge, die von den zuständigen Behörden ihrem Wohnort zugewiesen werden.
Professor Dr. Gergely Endrödi von der Fakultät für Physik wird vom ERC für das Projekt CoStaMM (Fördersumme: ca. 1,9 Millionen Euro) gefördert. Sein Projekt untersucht die Phasenübergänge, die während der ersten Sekunden des Universums auftraten, sowie ihre Gravitationswellensignaturen. Unmittelbar nach dem Urknall vor fast 14 Milliarden Jahren war das Universum in einem heißen und dichten Zustand, der abkühlte und expandierte. „Wie sich diese Ausdehnung vollzogen hat, wird durch die Bausteine der Materie bestimmt – elementare Teilchen wie Quarks und Gluonen“, erklärt Gergely Endrödi. Sein Projekt untersucht die Phasenübergänge, die das heiße kosmische Plasma in diesem Prozess durchlief.
Der ERC fördert Dr. Megha Amrith mit dem WELL-ASIA-Projekt (Fördersumme: ca. 2 Millionen Euro). Die Sozialanthropologin leitet eine Max-Planck-Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für die Erforschung von religiöser und ethnischer Vielfalt in Göttingen. In WELL-ASIA befasst sich das Projekt mit der Kommerzialisierung des Wohlbefindens als „Wellness“ in Südostasien – einem globalen Knotenpunkt für Wellness. Die Menschen reisen heutzutage mehr denn je auf der Suche nach Erfahrungen, die ihr Wohlbefinden fördern. In Südostasien suchen sie nach Yoga, Meditation und Spa-Retreats sowie entgiftenden Diäten und Anti-Aging-Therapien.
Die Europäische Forschungsrat (ERC) fördert herausragende Forschende aller Nationalitäten und Altersgruppen, die an Projekten in ganz Europa arbeiten. Die Grants werden herausragenden Forscherinnen aus allen Forschungsbereichen gewährt, deren eigene unabhängige Forschungsgruppe sich in einer Konsolidierungsphase befindet. Vor diesen vier Forschenden in Bielefeld, die nun Consolidator Grants erhalten haben, erhielten drei weitere mit Bielefeld verbundene Forscherinnen bereits in der Vergangenheit Fördermittel. Anfang 2023 wurde der Mathematiker Professor Dr. Benjamin Gess mit einem Consolidator Grant ausgezeichnet. Professor Dr. Gabi Schierning, eine Physikerin, die 2019 nach Bielefeld kam, erhielt ebenfalls bereits eine Förderung. Und der Kognitionswissenschaftler Professor Dr. Christoph Kayser kam 2017 an die Universität Bielefeld, nachdem er einen Consolidator Grant erhalten hatte.
Der Europäische Forschungsrat (ERC) wurde 2007 gegründet und ist die wichtigste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Der Rat finanziert herausragende Forscher*innen aller Nationalitäten, die an Projekten in ganz Europa arbeiten.